Freitag, 15. Juli 2011

Etappe 15 (15.7.2011): Hej, Sverige! – Schweden wildromantisch…



Hals – Trollhättan (Schweden)

Wow. Einfach nur wow. 

Wir hatten ja geahnt dass uns Schweden gefallen würde. Nur dass es uns dermaßen, und das meinen wir im positivsten Sinn den man sich überhaupt nur vorstellen kann, die Sicherungen raushauen würde, damit hatte nun wirklich keiner gerechnet. Gleich nach unserer Ankunft mit der Fähre vom dänischen Frederikshavn in der an sich eher schmucklos wirkenden Hafenstadt Göteborg (zweitgrößte Stadt des Landes) und einem eher krampfhaften Weg aus selbiger heraus durften wir ein absolutes und unbestreitbares Highlight erleben. Für so manchen unserer in ihrem Leben doch schon weit gereisten Radler sogar einer der schönsten Momente die sie überhaupt jemals erleben durften. Von Göteborg in die Heimatstadt von Saab und Volvo, Trollhättan verwöhnte uns Schweden mit Naturerlebnissen, die in Worten auf einer Blogseite fast unmöglich zu beschreiben sind. Nur wer selbst einmal auf einem Rennradsattel gesessen hat weiß, was es bedeutet wenn man zu solch einer Szenerie auch noch wunderbar befahrbare Straßen hat – ähnlich wie einen wunderbaren Film auch noch mit Dolby Surround auf einer Riesenleinwand zu genießen, so könnte man es vielleicht betrachten und man hat noch nicht einmal die halbe Herrlichkeit beschrieben. Dass in Europas hohem Norden solch herzliche und von Grund auf freundliche Menschen zuhause sind, damit hatten wir ebenfalls nicht gerechnet. Man muss sich das einmal vorstellen – Unsere Radler kommen entlang ihrer Strecke an einen kleinen Fluss und haben keine Alternative, als diesen mit einer Art „Mini-Fähre“, im Wesentlichen ein größeres Ruderboot, zu queren und werden, obwohl wildfremd und von mittlerweile tausenden Kilometern entfernt wie alte Freunde empfangen! Denkt einmal zurück, wann ihr das letzte mal (oder überhaupt) eine solche Herzlichkeit erlebt habt… Und wisst ihr was das Beste ist? Damit ist noch nicht Schluss! Als ob ein Spitzendiplomat oder Friedensnobelpreisträger mal eben über den Bach in der schwedischen Pampa geschippert gekommen wäre wurde unser Team auf der anderen Seite des Gewässers von einer Art Willkommenskomitee mit Freude und Begeisterung empfangen!  Dies beeindruckte Wolfgang St. sogar so weit, dass er im Lager eine Flasche guten steirischen Schnaps holte um sie den netten Leuten dort per Rad extra noch zu bringen, das heißt noch einmal ein paar Kilometer in die Gegenrichtung zurücklegte nur um sich zum x-ten Mal zu bedanken! Lächelnde Gesichter und Empathie überall – nicht einmal größere Kommunikationsprobleme gab es, in Schweden scheint zumindest nach unseren am ersten Tag (wir wissen schon, wenig repräsentativ, aber trotzdem ;) ) in diesem Land gewonnenen Eindrücken tatsächlich jeder halbwegs passabel Englisch zu sprechen! Angesichts dieser Erlebnisse scheint man glatt zu vergessen, dass trotz der stundenlangen Wartezeiten rund um die Fähre nach Schweden immerhin noch 126 km zurückgelegt wurden! Wir sind begeistert, und daran konnten auch die ersten beiden „Patschn“ an den Rädern nach sage und schreibe mehr als 2000 Kilometern nichts ändern. 

Ähnlich erging es den Begleitern auf der Suche nach einem Lager für die Nacht – Zwar war ein Campingplatz in Trollhättan schon weitestgehend voll, nur niemals haben wir einer noch aufopferungsvollere Hilfestellung erleben dürfen, um eine Alternative zu finden. Fast als würden es die Menschen dort als persönliches Versagen wahrnehmen, wenn wir für heute kein Platzerl finden würden. Mit den beiden Mitarbeitern in der Rezeption und dem Herren am Telefon haben sich nicht weniger als drei Leute zugleich um unser Anliegen gekümmert. Mal ehrlich, wo bitteschön hat man so etwas sonst schon erlebt?
Für so viel Gastfreundschaft bedanken wir uns mit einem artigen „Tack så mycket!“ J
Die Hälfte unserer Tour ist in etwa geschafft, so kanns nach unserem Geschmack absolut weitergehen!

Halbzeit – das Team ist am Wort!

Bei jedem größeren Sportereignis haben die Athleten zur Halbzeit in der Regel ein kurzes Gespräch mit den Reportern zu absolvieren. So auch bei uns. Wir haben uns einige Fragen überlegt, die den Teammitgliedern gestellt wurden. Frage Nummer eins ist dabei für Radler und Begleiter eine andere, da diese die Reise doch sehr unterschiedlich wahrnehmen. Der Rest ist für alle gleich Dies sind unsere Fragen:

1.) Wie hast du die Unterschiede bzw. die Veränderung der Länder (bezüglich Landschaften, Menschen, Kultur etc.) auf der bisherigen Tour empfunden? (nur für Radler)
1.) Welche Herausforderungen haben sich für dich auf der ersten Hälfte der Tour gestellt? (Nur für Begleiter)
2.) Haben sich deine Erwartungen für die erste Hälfte, so du welche hattest, erfüllt?
3.) Was erwartest du dir für die zweite Hälfte?
4.) Wie erlebst du diese Tour bis jetzt für dich selbst, auf der persönlichen, emotionalen Ebene?

Hier sind die Antworten unseres gesamten Teams:

Wolfgang Hasenhütl (Initiator, Radler)

1.)    1.)  Eigentlich war schon ganz zu Beginn eine ordentliche Veränderung zu spüren – in Italien herrschen mediterrane, landestypische Lockerheit und für Radler ideale Straßenverhältnissen, so werden schon zwischen Italien und Österreich deutliche Unterschiede sichtbar. Mir fällt auch auf, dass die Querung der Berge von Süden nach Norden schwieriger zu sein scheint als anders herum. Die Strecke von Salzburg nach Sylt war generell sehr abwechslungsreich, von den bayrischen Hopfenanbaugebieten bis ins Märchenland von der Fulda bis zur Weser, besonders die Radlerfähre über die Fulda, weiter von der Weser an die Elbe… Und besonders prägnante Highlights waren für mich die Altstadt von Stade, die norddeutschen Naturschutzgebiete wie der Hamburger Hallig. Leider unter dem Wetter gelitten hat mein Eindruck von Dänemark, wofür das Land natürlich nichts kann. Und bis zur Fähre wurde es eh ein bisschen besser.

2.)    2.)  Meine Erwartungen haben sich auf jeden Fall erfüllt, auch wenn ich Deutschland natürlich als mit dem Rad zu bereisendes Land schon recht gut kenne. Trotzdem konnte ich neue Eindrücke gewinnen. Genau wie erwartet, nämlich ziemlich hart aber machbar, habe ich die Alpenquerung erlebt. Speziell durch die Probleme die ich mit meinem Unterarm hatte, konnte ich die Schwierigkeit hinter diesem Teilstück noch einmal intensiver mitbekommen.

3.)  3.)  Dass nach Göteborg nun ein völlig neuer Abschnitt beginnt, den wir so auf der Tour noch nicht erlebt haben. Mehr Einsamkeit, ganz besondere neue Eindrücke, speziell neue Abenteuer wie das faktisch gestattete „wild“ campieren, Lagerfeuer zu entfachen aber auch das Nordkap selbst und unser Aufenthalt in Hammerfest…  Und definitiv jeder einzelne Tag in Schweden wird ein Erlebnis für sich!

4.)   4.) Sehr intensiv, sehr abwechslungsreich! Einerseits hatten wir sehr große Kilometerleistungen (bis zu 240, Anm.), andererseits mussten wir mühsam mit dem Begleitfahrzeug arbeiten um weiter zu kommen. Wir haben in diesen 14 Tagen so viel erlebt, dass muss man erst einmal verarbeiten können! Für mich fühlt es sich an als wäre ich schon zwei Monate statt zwei Wochen weg von zuhause. Diese Eindrücke gehören einmal geordnet, gezählt und wie ich schon sagte in aller Ruhe verarbeitet. Auf zur zweiten Hälfte, das Abenteuer kann kommen!

Wolfgang Stieböck (Radler)

1.) 1.)   Die stärksten landschaftlichen Veränderungen habe ich interessanterweise zwischen Österreich und Bayern, im wesentlichen nach der Alpenquerung aber danach auch im „Hineinrutschen“ ins Mainland erlebt. Von den Menschen her kam für mich nicht wirklich eine große Veränderung durch, aber kulturell an sich war einiges dabei. Beispielsweise die zahlreichen Märkte, die von mächtigen Burgmauern umschlossen sind, so wie in Burghausen, und danach der Wechsel zu Fachwerkbauten, der architektonische Wandel war sehr deutlich.

2.) 2.)   Die haben sich absolut bestätigt, das kann ich sagen! Ich hatte mit viel Abwechslung gerechnet, wie etwa von den Alpen aufs Deutsche Mittelgebirge, die Schönheit des Hamburger Halligs und noch viele Highlights mehr – diese waren alle genauso toll wie ich sie mir vorgestellt hatte.

3.)   3.)  Ich erwarte mir die Erfüllung eines Jahrzehnte alten Traumes – Schweden auf so eine großartige, abenteuerliche Art zu erleben, nämlich auf die sportliche! Und außerdem möchte ich endlich einmal einen echten Elch sehen. Auch die Bären, aber ein Elch, das wäre für mich das Größte.

4.)  4.)  Ich bin einfach ungeheuer glücklich zu sehen, dass ich in meinem Alter noch so dermaßen problemlos mithalten kann, und das auch noch wenn ich gelegentlich die Führungsarbeit übernehme, quasi an „vorderster Front“ aktiv bin!




Peter Hasenhütl (Radler)

1.)   1.)  Das ist für mich eine etwas schwierige Frage, weil ich ja erst später  in die Tour eingestiegen bin. Aber eins kann ich sagen – es gibt auf jeden Fall deutliche Unterschiede vom Landschaftsbild und der Kultur die mir aufgefallen sind. Wenn auch wahrscheinlich nicht so stark wie den anderen.

2.)   2.)  Bis jetzt auf jeden Fall, denn ich wollte einfach sportlich mit den Teamkollegen mithalten und vor allem den Kopf frei bekommen, über nichts kompliziertes nachdenken müssen, weil ich ja vor der Tour eine sehr große und schwierige Prüfung auf der Uni abzulegen hatte – Klartext gesprochen, ich wollte einfach nur radeln.

3.)    3.) Ich erwarte mir vor allem landschaftlich mehr als auf der ersten Hälfte, weil ich ja Deutschland als Land zum Radfahren auch schon einmal erleben durfte. Zwar kenne ich Skandinavien teilweise von meiner Zeit auf InterRail aber ich denke auf diese Art könnten die Eindrücke noch intensiver werden. Besonders freue ich mich auf mehr sportliche Herausforderungen und aufs Wildcampen!

4.)    4.)  Bis jetzt sehr gut, denn ich sitze am Rad und muss wie schon gesagt auch an nichts anderes denken, weil ich auch gar keine Zeit dazu habe. So gesehen konnte mir nichts Besseres passieren als dieses Projekt,  denn ich will jetzt einfach nur sporteln!

Günther Rath (Begleiter)

1.)    1.) Nach dem Motto „Aller Anfang ist schwer“ war es für mich zunächst einmal die Hauptherausforderung, mir einen Überblick zu verschaffen. Vor allem über das gesamte Material für das ich zuständig bin, aber das war recht schnell okay und mittlerweile läuft’s für mich sehr gut.

2.)  2.)   Ich hatte eigentlich keine Erwartungen außer der einen das alles soweit klappt und funktioniert wie es soll und ich meine Aufgaben vernünftig hinbekomme. Und ich denke einmal, das ist bisher genau so gelaufen.

3.)   3.)  Ich erwarte mir vor allem landschaftliche Höhepunkte, da ich Skandinavien praktisch gar nicht kenne, und dass die ganze Sache im positivsten Sinn noch ein bisschen abenteuerlicher wird.

4.)   4.)  Eigentlich sehr gut, weil gefasst und ruhig. Alles ist bis jetzt optimal gelaufen, weil mich alle Leute unterstützen und mir so sehr helfen.


 Sebastian Pongratz (Begleiter)
 
1.)   1.)  Vor allem den Überblick über unser gesamtes Material zu behalten, mit all dem genauen Ordnen , möglichst kein Chaos zuzulassen und beim Räumen genau aufzupassen wer wann was brauchen könnte. Dies endet ja nicht bei unseren Tour-Utensilien, sondern gilt ja auch für die persönlichen Dinge… Das muss man erst mal ins Gefühl bekommen!

2.)  2.)  Sehr unerwartet, ja fast schockierend war für mich, dass es in Österreich im Juli (!!!) so dermaßen kalt sein kann wie es etwa im Maltatal oder in Aigen bei Salzburg war. An große Stationen wie Sylt hatte ich keinerlei Erwartungen, wollte das alles eher an mich herankommen lassen. Ebenfalls hätte ich nicht erwartet dass man von der Landschaft her so gut ablesen kann, wo man sich gerade befindet!

3.)   3.)  Ich erwarte mir vor allem Aufschlüsse über die Menschen dieser Region, und inwiefern sich die Landschaft verändern wird. Außerdem bin ich gespannt wie die Bebauung sein wird, wie dicht das Infrastrukturnetz sein wird und derartige Dinge…

4.)  4.)  Es ist eine emotionale Herausforderung, Tag für Tag aufs Neue dieselben Handgriffe immer wieder und wieder zu machen, und das für einen Zeitraum von fünf Wochen. Da fehlt einfach die Abwechslung im Tageslauf, das kann mitunter emotional belastend sein.

Jakob Egger (Begleiter)

1.)    1.)  Das sind wenn ich ehrlich bin doch einige. In meinem Fall beginnt das ja schon mit dem frühen Aufstehen, das wird einfach nicht mehr meine Lieblingstätigkeit werden, komme was wolle. Dazu kommt den Überblick über alles zusammen zu bewahren, man muss permanent hellwach sein. Und da ich ja auch noch der Blogger der Gruppe bin, ist es durchaus nicht immer einfach, jeden Tag dem Leser etwas frisches, neues zu bieten…

2.)  2.)   Zum größten Teil schon – ich hatte mir prägnante, aussagekräftige Bilder über das Land gewünscht, möglichst viele interessante Menschen zu treffen, tolle Gespräche zu führen, einen Teil der Welt zu sehen den ich immer schon mal sehen wollte… und natürlich einige neue, wahrscheinlich nicht jugendfreie Sprüche zu hören…

3.)    3.) Ich erwarte mir dass einerseits unser Alltag so weiterlaufen wird wie bisher, aber auch dass wir uns von Skandinavien bezaubern lassen. Ich rechne damit, dass die Anspannung und Vorfreude mit jedem Tag größer werden, mit dem wir uns dem Nordkap weiter nähern!

4.)  4.)  Emotional ist das ganze ganz offen ein bisschen ein Wechselbad. Manchmal kannst du einfach nicht so wie du willst, manchmal willst du nicht so wie du musst aber funktioniert haben muss am Ende des Tages alles trotzdem. Aber von der Emotionalität unserer Waypoints, Ideen wie dem Rasurverzicht, Gags wie der Piratenflagge auf Sylt und diese ganzen Geschichten ist das ganze absolut erfrischend! Und natürlich auch zu hören, dass der Blog bei allen in der Heimat offenbar gut anzukommen scheint!

Meine lieben Leser, das wars von mir für heute J

Gute Nacht,
euer Jakob
für das Team Nordkap 2011

Datum
Gefahrene Strecke
Nettozeit
Durchschnittsgeschwindigkeit
Ausfgestiegene Höhenmeter
Verbrauchte Kalorien
15.7.2011
126km
04:35 h
26,2 km/h
422 m
4200 kcal

Auf Wiedersehen Dänemark, Hallo Schweden! Mit der Stena Line ging's von Frederikshavn nach Göteborg

Wir setzen kurs aufs Eismeer... Alle Mann an Deck (bzw. auf die Räder ;) )!



3 Kommentare:

  1. Hey an alle...
    Hab gerade euren blog ins englische übersetzt und liebe grüße von meiner canad. Familie!!
    Glg ulli

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  2. Nachdem jetzt Halbzeit ist möchte ich Euch zu dieser Leistung gratulieren. Ich verfolge den Blog täglich und bin von den Geschichten wirklich beeindruckt. Die Geschichte von der Hamburger Hallig bis zur dänischen Grenze konnte ich gut nachvollziehen, da ich diese Landschaft kenne und ich dort einen faszinierenden Urlaub hatte. Ich wünsche Euch viel Kraft und Motivation für den 2. Teil Eurer Reise.
    Heinz

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  3. es freut mich sehr über euren herzlichen empfang in schweden bzw. über eure eindrücke zu lesen - freu mich schon auf fotos :)
    got natt
    jakob's schwesterlein

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