Freitag, 22. Juli 2011

Etappe 22: Polar-Express in Lappland

Järvsand/Lövberga (Gemeinde Strömsund) – Storuman (etwa 300 km vorm nördlichen Polarkreis)

Es war keine einfache Übung heute Morgen wieder Sack und Pack zusammen zu klauben und unser Domizil in Järsand hinter uns zu lassen. Der Abschied verlief herzlich, selbst die zahlreich vertretenen Hunde (und ja, auch Katzen), allen voran die Haus-und Hofhündin Bella bereiteten uns ein jaulendes und bellendes „Auf Wiedersehen!“. Wir möchten uns noch einmal bei Richard und Claudia bedanken, dass sie unseren Aufenthalt zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. 

Doch was solls, unser Tagesgeschäft erlaubte keine weitere Verzögerung und so ritten wir frühmorgens aus, weiter strikt Richtung Norden. Durch die immer stärker werdende Einsamkeit der nordschwedischen Provinz, wo man tatsächlich gefühlte Stunden lang kein anderes Fahrzeug wahrzunehmen scheint. Was für ein Kontrast zum dichten Verkehr rund um Göteborg oder auf den Umfahrungsstraßen bei Karlstad. Mit der Veränderung in der Bevölkerungsdichte ändert sich auch allmählich unsere Wahrnehmung von der Landschaft – haben wir zu Beginn noch fasziniert auf die Seite geblickt sobald wir einen der majestätischen Seen oder die weiten Wälder wahrnahmen und ehrfurchtsvoll gestaunt. Nicht das wir die Natur nicht immer noch als beeindruckend wahrnehmen würden, aber irgendwann ist die Reizüberflutung einfach nicht mehr vorhanden. Ein bisschen wirken die Wälder und Seen auf uns so wie die Maisfelder rund um Bad Radkersburg – Schön anzusehen, aber halt irgendwann nichts neues mehr. Schweden wird uns jedoch bald mit weiteren Reizen überraschen, wie es das bisher immer zu tun gepflegt hat, dessen sind wir uns sicher!
Seit dem heutigen Tag sind wir offiziell in der Provinz schwedisches Lappland angekommen, ab heute bewegen wir uns im Land des stolzen, alten Volkes der Samen, deren Siedlungsgebiet „Sápmi“ sich neben Schweden über Teile Norwegens, Finnlands und Russlands erstreckt. Über Schwedisch- Lappland (für die Samen ein eher geringschätziger Begriff) thront der Kebnekaise, der mit über 2100 Metern Höhe den höchsten Berg des skandinavischen Staates darstellt und nun auch uns seine Ausläufer in den Weg stellen wird. 

In den Weg gestellt haben sich dem „radelnden Triumvirat“ heute erstmals in großem Ausmaß einige Pannen – genauer gesagt eine, die aber dafür gleich vier mal: Der bei jedem Radler allseits hoch beliebte, berühmt-berüchtigte „Potschn“ suchte das Radteam mit einer nervenaufreibenden Hartnäckigkeit heim. Zwar konnte man einiges mit behelfsmäßigen Reparaturen richten, dies brachte das Team aber zu Beginn etwas aus dem Tritt. Aber was solls, das Begleitfahrzeug war ja allseits bereit. Soll uns nix schlimmeres passieren. So etwas kann natürlich vorkommen, vor allem wenn man wieder einmal massiv an Höhenmetern zulegt und zudem noch mit leicht suboptimalen weil holprigen Straßenverhältnissen zu kämpfen hat. 

Eine Änderung in unserer Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten hat sich übrigens auch eingependelt – Angesichts des prinzipiell etwas instabilen skandinavischen Wetters, auch wenn wir heute fast ideales Radlerwetter mit Sonnenschein und Wärme (trotz Gegenwind) vorfanden, haben wir beschlossen, uns nach Hütten umzusehen, da diese schlicht besseren Schutz bieten können. Wenn möglich werden diese angesteuert, jedoch entscheiden wir dies zumeist spontan. Heute haben wir uns für eine Unterkunft an einem kleinen See (no na… ;) ) in Storuman, der Heimatgemeinde des international bekannten und erfolgreichen Biathleten Björn Ferry entschieden. 

Stresssituationen – wie reagieren?

Durch die heutigen Ereignisse mit den zahlreichen Reifenpannen wurden wir wieder einmal, sowohl Fahrer als auch Begleiter, daran erinnert, wie schnell eine stressige Situation entstehen kann und wie man am besten darauf reagieren sollte. Für beide Gruppen spielen sich diese Dinge dabei auf verschiedenen, recht eigenen Ebenen ab. 

Für unsere Radler beginnt alles schon mit dem Aufsteigen aufs „Arbeitsgerät“. Ohne eine gewisse Grundspannung kann man nicht konzentriert zu Werke gehen, wichtig ist dabei jedoch den Begriff „Grundspannung“ nicht mit „Grundverkrampfung“ zu verwechseln, den verkrampft verkompliziert sich die Situation schon zu Beginn künstlich und somit ist Stressreaktion nur erschwert möglich. Stress entsteht beim Radeln zum Beispiel, wie wir es heute erlebt haben durch Defekte am Rad, die sich ständig zu wiederholen scheinen, ohne dass man die Ursache gleich finden kann. In einem solchen Fall bleibt einem nichts anderes übrig, als durchzuatmen und sich auf gut steirisch zu denken „Guat is gongan, nix is gschehgn.“ Außerdem ist es natürlich ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass ein Begleitauto in der Nähe ist das wenn alle Stricke reißen eingreifen kann. Ein massiver Stressfaktor kann, und jeder der einmal auf einem Fahrrad gesessen hat weiß das, der Straßenverkehr sein. Wenn die LKW nur so an einem vorbeirauschen, mit kaum mehr als dem absoluten Mindestabstand, da fällt es doch schwer, die Ruhe zu bewahren. Das selbe gilt für die eigene sportliche Leistung – sollte man irgendwann, vor allem im Team, das Gefühl bekommen nicht mithalten zu können aber aus irgendeinem Grund aus unbedingt glauben zu müssen, ist meist großer Stress die Folge. Dieser kann dann sehr gefährlich werden, vor allem wenn Tätigkeiten wie das Herausnehmen der Trinkflasche, was normaler ein runder, schneller und routinierter Ablauf ist, abgehackt und fahrig werden ist die Stressgefahr  meist immanent. 

Für das Begleiterteam gilt es, die breit gefächerten Aufgaben in einen gesamten Tagesablauf hineinzubringen, ohne dabei eine zu vernachlässigen. Dies geht vom möglichst schnellen zusammenräumen in der Früh über Einkäufe, Navigieren, Kochen, die Radler vor Ort zu unterstützen und  nötigen Service zu bieten bis hin zum schreiben des täglichen Blogeintrages. Da ist gutes Zeitmanagement erforderlich, und die rechte Hand muss ganz genau wissen was die linke tut. Stress lässt sich vermeiden, in dem man trotz Eile einen Job nach dem anderen zu Ende erledigt und nichts halb fertig stehen und liegen lässt. Das stresst dann nämlich auch die anderen!
Im Wesentlichen lässt sich sagen, dass Stress in unserem Falle immer mit der Kommunikation einher geht. Sollten sich Missverständnisse zwischen Begleitern und Fahrern einstellen, so kann dies für beide Seiten unangenehme Auswirkungen haben. Die Begleiter müssen eventuell ihre notwendigen Tätigkeiten (Auf-bzw. Abbau, Einkauf, Übernachtungssuche etc.) abbrechen um den Radlern zur Hilfe zu kommen, was auch bei diesen wiederum Stress verursachen kann. 

Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass Stress absolut nicht nur negativ ist. Eine Gewisse Grundanspannung muss für beide Seiten da sein, da man ohne sonst seine Aufgaben kaum konzentriert zu erledigen im Stande ist. Wir können auf jeden Fall sagen, dass sich bis jetzt immer alles aufgeklärt hat und gut ausgegangen ist. Unter anderem auch deswegen, weil unser gesamtes Team mit diesen Situationen umzugehen weiß und sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt. 

Ruhe ist mein Stichwort, ich bin für heute draußen!

Gute Nacht euch allen daheim!


Datum
Gefahrene Strecke
Nettozeit
Durchschnittsgeschwindigkeit
Aufgestiegene Höhenmeter
Verbrauchte Kalorien
22.7.2011
192 km
07:57 h
25,37 km/h
1047 m
5800 kcal


Achtung, Zug fährt ein! Der Polarexpress 2011 macht Station in Lappland!

Peter Hasenhütl mit vollem Einsatz seiner Kräfte bei der Radreparatur... Heute bekamen unsere Radler Übung darin!

1 Kommentar:

  1. wer ein guter Arzt werden will muss auch Räder heilen können. Sind ja doch sensible Geschöpfe wenn sie überanstrengt werden, oder ?

    Jungs viel Glück weiterhin und nicht soviel Gegenwind pepsch

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