Donnerstag, 14. Juli 2011

Etappe 14 Dänemark Land unter!


Horsens – Hals

„Es regnet nicht, es kübelt…“
Haben wir uns in der Vergangenheit irgendwie despektierlich oder herablassend über Dänemark geäußert? Was haben wir getan, damit uns dieses Land so dermaßen unfreundlich empfängt? Diese und mehrere Fragen beschäftigten uns heute, als wir nun auch den zweiten Tag en suite mit dem „Dänischen Desaster“ zu kämpfen hatten… Immerhin hat sich das Wetter ja geändert! Blöderweise wechselte es im Vergleich zu gestern von furchtbar auf katastrophal - für den Rennradfahrer ein Umstieg von der Pest zur Cholera! Wie schön, dass sich sowohl Wind als auch der Sprühregen des Vortages noch ein bisschen steigern konnte, und als wäre das nicht schon das höchste an Zynismus, hörte es irgendwann mitten in der Nacht auch noch auf zu regnen. Allerdings nur um, richtig geraten, pünktlich zu früher Stunde wieder loszulegen als gäbe es kein Morgen mehr (und wenns so weiter geht könnte man fast glauben es gäbe tatsächlich keines…) Man kann es sich kaum vorstellen, es war kaum möglich auch nur 2-3 Kilometer einigermaßen sicher zurückzulegen. Also, was bleibt anderes übrig, war es wieder nötig, auf der heutigen Etappe das Begleitfahrzeug verstärkt mit einzubeziehen. Wie bereits tags zuvor eine mühsame Übung für Radfahrer und Begleiter, die wir jedoch beherzt wie schon die Wikinger (die äußerlichen Ähnlichkeiten  zu diesen nehmen unter anderem aufgrund des Rasurverzichts manches Teammitgliedes zu…) auf uns nahmen und am Ende auch bewältigten.  Einen Kurzbesuch (zum auftrocknen…) in der hübschen Stadt Aalborg, der mit etwa 190.000 Einwohnern viertgrößten Stadt im  Lande von Königin Margrethe II. ließen wir uns trotzdem nicht nehmen. Beim Einfahren in die Stadt spürt man zuerst den Charakter einer Industriestadt, bevor man sich dem lieblichen Zentrum mit seinen zahlreichen Backsteinbauten nähert. Selbst wenn uns die Ortschaft namens Hals, die wir uns zum Endziel unserer heutigen Etappe auserkoren hatten, uns noch so schallende und zum Namen passende meteorologische Gnackwatschn entgegen zu werfen schien -Wir sind nach wie vor fest entschlossen uns auch davon nicht beeindrucken zu lassen. 

Würdet ihr bei Weltuntergangsstimmung gerne mit dem Rad unterwegs sein? Eben.  Dementsprechend waren naturgemäß recht wenige Zweiräder auf den völlig durchweichten Straßen unterwegs, umso mehr mussten wir staunen als ein Herr im besten Alter (geschätzt auf 60-65 Jahre) plötzlich auf seinem Drahtesel auf dem Campingplatz in Hals eingeritten kam, und prompt begann, mit skandinavischer, stoischer Ruhe sich sein Zelt aufzubauen. Eine absolute Respektsleistung, die uns zu verleitete, ihn tief beeindruckt auf einen heißen Teller Rath’sche Suppenkunst einzuladen. Lars aus dem kleinen Ort Tingleff nahe der deutschen Grenze brachte unser Bild, dass wir bis dahin von den Dänen gewonnen hatten doch gehörig ins Wanken. Kühl wie ihr Land und mindestens so schweigsam wirkten sie bisher auf uns, fast peinlich berührt wenn jemandem beim Einkauf im örtlichen Aldi (ja, den in Österreich als Hofer bekannten Händler gibt’s auch hier) mehr als nur die üblichen Höflichkeitsfloskeln auskamen. Unser Gast hingegen scheint uns ein sehr geselliger Zeitgenosse zu sein, der unserer Einladung auf Suppe und Bier gern folgte. Radlerkollegen müssen halt zusammenhalten, egal von woher sie auch kommen mögen. Begegnungen wie diese könnten uns vielleicht dabei helfen, uns mit Dänemark zu versöhnen, da das Team Nordkap 2011 und der kleine skandinavische Staat sich womöglich etwas am falschen Fuß erwischt haben…

Freundschaft fließt aus vielen Quellen – am reinsten aus dem Respekt. (Daniel Defoe)

„Am falschen Fuß erwischen“ kann man sich recht schnell einmal, ohne dabei irgendwelche bösartigen Absichten zu haben. Es ist nur natürlich, wenn man über mehrere Wochen jeden Tag auf engstem Raum zusammen ist, dass man sich da vielleicht nicht immer ganz grün ist.  Wer von euch, meine treuen Leser, hat schon einmal  über einen Monat mit Menschen auf engstem Raum verbracht, die man eigentlich gar nicht besonders gut kennt? Und das wohl gemerkt 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und das ohne faktische Fluchtmöglichkeiten? Jeder einzelne muss sich selbst zurücknehmen, auf persönliche Freiräume verzichten die man zuhause gewohnt ist und im standardmäßigen Lebensstil einen unbestritten Fixplatz einnehmen. Eine Gruppe von Individuen, jeder für sich genommen ein völlig anderer Charakter, komplett anderen Generationen zugehörig, die als ein homogenes Ganzes funktionieren müssen, werden durch ein Ziel geeint. Solch ein Projekt kann man nur mit Teilnehmern planen, die über ein ausgeprägtes Einvernehmungsvermögen verfügen und wissen, wie man miteinander umzugehen hat.
So etwa wenn vielleicht der Großteil der Mannschaft bereits in den Betten liegt um sich dem wohlverdienten Schlaf hingibt, und jemand noch etwas zu tun hatte oder sich um seine Hygiene gekümmert hat. Dann wird der letzte alles daran setzen, ohne große Umschweife oder irgendwelchen Radau schnell selbst ins Bett zu kommen. Möchte man für eine Selbstverständlichkeit halten, ist es aber nicht unbedingt für jeden (bei uns natürlich schon, aber generell gesprochen). Man muss einfach berücksichtigen, dass in einem solchen Team so wohl Nacht – als auch Tagmenschen zu finden sind. Der Nachtmensch wird erst zu später Stunde richtig warm und erledigt seine Aufgaben, während der Tagmensch meist Frühaufsteher ist, aber nachts sehr bald seine Ruhe braucht. Damit muss man erst einmal umgehen können!

Zum sozialen Umgang miteinander zählt auch das Zusammenhelfen bei gewissen Tätigkeiten, einfach einmal anzugreifen ohne sich extra bitten oder auffordern zu lassen. Jemanden einfach nur zu fragen ob er Hilfe benötigt, kann ebenfalls bereits ausreichend sein um das gute Klima aufrechtzuerhalten.
Sollte man sich vielleicht doch einmal über irgendetwas ärgern, kann man sich getrost auch einmal eine kurze Weile versuchen möglichst abzulenken, denn auch derartige Gefühle benötigen ein Ventil!
Man könnte diese Liste ewig lang fortführen – im Endeffekt muss sich am Ende des Tages jeder selbst die Frage stellen ob er seinen Mitreisenden den Umgang so leicht wie möglich gemacht hat.
Wir bauen uns Schritt für Schritt ein Zusammengehörigkeitsgefühl auf, indem wir uns Symbole wie etwa unsere Piratenflagge oder unser gemeinsames Fahrzeug als integrative Gegenstände aufbauen.
All dies führt unserer Meinung nach zurück zur im Zitat zu Beginn erwähnten großen, alles einenden Klammer – dem Respekt vor meinem Gegenüber! Ist dieser nicht vorhanden, kannst du eine solche Tour getrost vergessen, das wird sonst nichts. 

Mit tiefem Respekt vor den stetig mehr werdenden Lesern dieses Blogs (Vielen Dank dafür, nur weiter so!) verabschiede ich mich im Namen des gesamten Teams für heute und wünsche euch allen ein dänisches

God aften!

Jakob
für das Team „Nordkap 2011“

Unser Gast Lars(m.)  inmitten der versammelten Mannschaft – ein köstliches Abendessen und gute Gespräche in entspannter Atmosphäre


Der Blick aus dem Begleitfahrzeug spricht Bände - Massive Regenfälle, Wind und Kälte

3 Kommentare:

  1. Na, so ein schei...wetter.Bei uns regnet`s heute zwar auch,aber nach den vergangenen tropentagen ist das eher eine willkommene abkühlung.Aber bei euch...kann ja eigentlich nur besser werden,schlechter geht wohl nicht mehr.
    Jakobs gedanken über soziale kompetenzen gefallen mir total, da bin ich ganz bei ihm.
    Würden das nur alle so sehen und es so leben wie ihr, wie friedvoll wären die zwischenmenschlichen beziehungen!
    Alles liebe Jutta E.

    AntwortenLöschen
  2. oje, das mit dem grindigen wetter tut mir leid... aber schlimmer geht es nimmer - also kann es wirklich nur besser werden :)
    ohne das perfekte zusammenspiel des teams würde so eine unternehmung nicht funktionieren...
    natürlich muss man persönliche und gewohnte bedürfnisse zurückstellen bzw. darauf verzichten. allerdings bedeutet das gleichzeitig eine große bereicherung und die konzentration auf die dinge die eigentlich wirklich zählen und mit denen man ein gemeinsames, großes ziel erreichen kann. in diesem sinne wünsche ich euch alles gute und liebe auf dem weiteren weg zu eurem gemeinsamen ziel!
    vlg
    jakob's schwesterlein

    AntwortenLöschen
  3. Ihr armen, Hoffe es ist morgen besser!!
    Bleibt so fleissig und unerschrocken, übernehmt euch aber nicht!
    Passt auf euch auf,
    Glg aus kentucky ulli

    AntwortenLöschen