Sonntag, 24. Juli 2011

Etappe 24: Ein Bericht von der „Front“


                   
Moskosel (Mitten im Nichts, ca. 100 km bis zum nördlichen Polarkreis) – Gällivare (ungefähr 200 km vor der finnischen Grenze)

Als Reporter, der einigermaßen was von sich hält muss man einfach ins Zentrum des Geschehens. Dahin wo die Action ist, gewissermaßen ins Auge des Hurrikans. In eben dieses Auge habe ich, euer euch ergebener, treuer Tour-Blogger mich heute begeben (vielleicht ein bisschen wie Stefan Raab und sein Klassiker „Raab in Gefahr“ bei TV Total?) und einen der zusätzlichen „Drahtesel“ die wir außen am Auto mit uns herumschleppen bestiegen. Schon früh war klar, einen besseren Tag hätte ich mir kaum aussuchen können. Genau jenen nämlich, den Wolfgang H, Wolfgang St. und Peter am Ende des gtages als den bisher härtesten der gesamten Tour bezeichnen sollten. Konnte ich das vorher wissen? Eher nicht. Überrascht es mich? Auch das nicht… Den Etappenbeginn mussten wir bereits aufgrund von massiven Regenfällen nach hinten verschieben, um danach erst wieder in den skandinavischen Nebel und das permanente „Feuchteln“ von Außen einzutauchen. Das alleine wäre ja nicht das Problem gewesen, aber dazu habe ich noch zusätzlich einen Streckenabschnitt gewählt, der nicht gerade arm an Steigungen und Rampen ist. Berichterstattung von vorderster Front geht eben nur, wenn man sich richtig die Härte gibt, und nachdem das gut klingt habe ich gerade beschlossen zu behaupten, dass all das natürlich minutiös durchgeplant war. Belassen wir es dabei… 

Eines ist klar, Radfahren auf diese Distanzen ist eine völlig andere Baustelle als anderer Sport, ich selbst laufe in einigermaßen regelmäßigen Abständen zehn Kilometer auf meinen diversen Laufstrecken und behaupte von mir, allgemein in keiner schlechten körperlichen Verfassung zu sein. Aber trotzdem, Hut ab vor unseren Jungs, ich hätte heute niemals die gesamte Etappe fahren können und bin schlicht froh, die knapp 100 km zum nördlichen Polarkreis durchgedrückt zu haben bevor die Krämpfe in meinen Beinen selbst das gerade Stehen zu einer Aufgabe gemacht hatten. 

Vom sportlichen her war der gesamte Tag wieder einmal eine große Herausforderung – die widrigen Verhältnisse, die ewig langen Anstiege, die heute interessanterweise, wenn vorgekommen, vergleichsweise undisziplinierten Autofahrer (an dieser Stelle liebe Grüße an den dunklen BMW… ) und vor allem die immer noch einsamer werdende Natur machten diesen Tag heute zu einem Kampf von der ersten Minute weg. Durch meine Mitwirkung heute kann ich durchaus verstehen, wie man so eine Tour im Sattel wahrnimmt, eben auch den Straßenverkehr oder die Anstiege – Heute hatte uns ein LKW (mit großen Abstand und sehr fair!) überholt, das Geräusch ist absolut gruslig. Wie ein Güterzug der dir ins Genick fährt, so hört es sich an wenn das große Fahrzeug an dir vorbeizieht. 

Im Begleitfahrzeug hat man ganz andere Sorgen, als sich um die Intensität einer Rampe zu kümmern, da geht’s darum rechtzeitig am Zielort zu sein, noch einkaufen zu gehen, die Radler zu versorgen und dergleichen. Aber auf dem Drahtesel, und das könnt ihr mir als „radelndem Reporter“ glauben, ist jedes bisschen Höhe sofort in den Beinen zu spüren. Fast kam es mir so vor als würde man mit Fug und Recht behaupten können, am Rad geht es prinzipiell einfach immer bergauf… 

Die Konzentration die man aufbringen muss, um das richtige Fahren im Pulk auf die Reihe zu kriegen ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, dazu kämpft man dann mit dem Wetter, der Suche nach dem richtigen Gang und schließlich auch mit dem eigenen Körper… Also auch im Kopf muss man permanent wach sein und nicht nur stur strampeln, sonst kann das ganze ebenfalls gröber ins Auge gehen. Auch zu schätzen gelernt habe ich den Motivationseffekt wenn das Begleitfahrzeug in regelmäßigen Abständen auf Parkplätzen steht und eventuell auch einen heißen Tee vorbereitet hat. Wie man bei uns in Österreich sagen würde – „Des haut di viere!“ 

Umso schöner ist es dann, ein Ziel erreicht zu haben. Ich natürlich für meinen Teil war heute besonders privilegiert, da ich wenige Kilometer vor dem nordschwedischen Ort Jokkmokk über den nördlichen Polarkreis radeln durfte und somit eines der besonderen, emotionalen Highlights unseres gesamten Projektes erlebte. Da kann man sagen was man will, aber jetzt erst verstehe ich, was derartige Ziele für eine Bedeutung in sich bergen, wenn man sie sich mit einer derartigen sportlichen Hartnäckigkeit erkämpft hat – Für solche Momente haben die Burschen sich zuvor tausende von Kilometern die Seele aus dem Leib gestrampelt!
Auch die anderen Begleiter haben bereits angekündigt ein Mal in den Radlprozess hinein zu schnuppern und sich selbst ein Bild zu machen, man darf gespannt sein ob es Günther und Sebi doch länger als einen halben Tag packen werden – Guru! ;)

Nachdem mir meine Beine brennen wie Feuer, und das obwohl es hier in Gällivare seit Stunden regnet, werde ich selbige dann einmal ausstrecken und mir meine Mütze Schlaf gönnen. Ob morgen die Spatzen von den Dächern pfeifen weiß ich nicht, aber in den Muskeln werden sich die Viecher garantiert einnisten. Ich kann’s kaum erwarten…

Viele liebe Grüße,

euer
Jakob 

und das
Team Nordkap 2011

Es sind nicht einmal mehr 800 Kilometer bis ans Nordkap liebe Freunde! Jetzt heißts für uns gleich wie für euch dranbleiben, helfts uns dass ma des zammen drüberbringen! Guru Guru! :)

Datum
Gefahrene Strecke
Nettozeit
Durchschnittsgeschwindigkeit
Aufgestiegene Höhenmeter
Verbrauchte Kalorien
24.7.2011
205 km
08:56 h
23,95 km/h
1120 m
6100 kcal


Warm ist's nun mal nicht am Polarkreis. Kaum bewegt man sich kurz nicht, werden Decken zur Notwendigkeit...

Morgendlicher "Sauhaufen" in der Unterkunft. Irgendwie können wir es uns fast nur noch so vorstellen...


6 Kommentare:

  1. nur mut, auch die restlichen 800 km schafft ihr mit links!
    @ jakob - tapfer, tapfer!

    liebe grüße aus dem ebenso kalten,
    verregneten österreich
    gg

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  2. Ihr habt es fast geschafft nur noch „800KM“ eine unglaubliche Leistung, wir sind stolz auf euch, weiter so.

    An den„radelnden Reporter“ Jakob,
    es werden dich nicht nur die Spatzen, bestimmt auch noch ein Wolf die nächsten Tage begleiten.
    Aber Respekt 100KM sind ja schon mal eine tolle Leistung.

    Grüße us Kölle
    Manni und Weibi

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  3. was für eine tolle leistung - was für ein tolles team :)
    herzliche gratulation zur überquerung des nördlichen polarkreises!!!!
    alles liebe
    jakob's schwesterlein
    @jakob: RESPEKT!!!!

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  4. Ja Ja die BMW Fahrer !
    Die Schwaren sind die aggresivsten. Altes Sprichwort "Bei Mercedes Weggeschmissen"
    So hat jeder seine liebe Not mit BMW (gell Wolfgang) Kommt gut heim pepsch

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  5. Liebes Nordkapteam - allergrößte Hochachtung - Platz für die unendliche Zahl von 'Rufzeichen ist zu klein.
    Lieber Jakob - die Hochachtung gilt natürlich Dir ganz besonders, bisher haben mich immer Deine Blogs beeindruckt, nunmehr auch Deine Radlerleistung. Etwas verwundert bin ich weil Du überrascht warst daß es immer "bergauf" geht.Man fährt doch "hinauf in den Norden " (und hinunter in den Süden) - also mußt du Höhe gewinnen. Ist doch Logisch.
    HG Ha (einer mit Deinen Genen)

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  6. Ihr habt es fast geschafft nur noch „800KM“ eine unglaubliche Leistung, wir sind stolz auf euch, weiter so. Und Jako, bestimmt wird dich auch noch ein Wolf die nächsten Tage begleiten. Aber Respekt 100KM sind ja schon mal eine tolle Leistung!

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