Karesuando (direkt an der Grenze zwischen Schweden und Finnland) – Alta (nicht einmal mehr 250 km vom Nordkap)
Wir sind fast da!
Heute haben wir zum letzten Mal auf unserer Tour eine Staatsgrenze gequert – Das Königreich Norwegen ist nicht die letzte Station des Polarexpress, aber der Endbahnhof ist bereits in Sicht.
Station machten wir am heutigen Tag in gleich drei verschiedenen Ländern – Beginnend mit unserem Ausgangspunkt in Karesuando (einmal am Campingplatz hinfallen und der Kopf ist schon im Nachbarland), noch in Schweden aber an der Schwelle zu Finnland, dann eben ein kurzer Schwenk durch „Suomi“ (Fahrt Richtung Südost, sonst gab’s keine Straßen) und zu guter letzt das Land unseres großen Zieles: Das Land der Fjorde – Norwegen. Doch dahin sollten wir erst einmal noch kommen müssen. Das Willkommen in Finnland fiel gleich recht kühl aus, mit wilden Gefkläffe und in Bissnähe zum Radlerteam war ein Hund gekommen, der seinem Besitzer entfleucht war und nun sein „Revier“ verteidigte. Zwar konnte die wilde Bestie von ihrem Dompteur gebändigt werden, aber ein erster Schock sitzt da schon mal in den Knochen. Etwas besser verlief unsere Begegnung mit einigen Fischern, vermutlich Samen, von denen uns einer stolz einen großen Lachs präsentierte den er sich fangen konnte. Finnland wird uns unterm Strich nicht in besonderer Erinnerung bleiben, zumindest nicht von dieser Reise – Zu kurz war unser Aufenthalt, zu unbelebt dieser Teil des Landes, zu unbequem wechselhaft die Wetterbedingungen. Natürlich wissen wir, dass es sich an sich um ein großartiges Land handelt, aber dieser schmale „Ast“, zwischen Schweden und Norwegen regelrecht eingekeilt, ist nicht gerade ein besonders vielsagendes Stückchen Erde.
Die Grenze zum Nachbarland Norwegen hatten wir uns zum Pausenort auserkoren, die Grenzbeamten werden wohl nicht schlecht gestaunt haben als dieses Fahrzeug, bunt einfoliert, voll bepackt, plötzlich sechs Gestalten zum jausnen um sich scharte… Den einen oder anderen irritierten Blick erntete die Szene durchaus, so brennend interessiert als das sie uns kontrolliert hätten hat dies die Zöllner dann im Endeffekt auch nicht. Eher apathisch wurden wir schlussendlich ins Land Königs Harald V. durchgewunken. Ab diesem Zeitpunkt stieg auch die Leistungsfähigkeit unserer Radler, die sich zuvor eher durch einen „zachen“ Tag gequält hatten. „Müde Beine“, hatten wir Begleiter schon vermutet, doch dann ging’s wie so oft bisher richtig ab. War es die ungemein entspannende Mittagspause, oder ein Boost nach unserem Manöver, bei dem wir die Radler mit offenen Fenstern und unserer zum Anschlag aufgedrehten Kamphymne (Stichwort Guru Guru Guru!) überholten? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.
Leider mussten wir den sportlichen Höhenflug bei mehr als 230 Kilometern abbrechen, da die schlicht und ergreifend menschen – und siedlungsleere Region Finnmark über außer der Hauptstraße über faktisch keine Infrastruktur verfügt und wir weder 50 km hinter noch vor uns eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden hätten. Also, Begleitfahrzeug her und ab in die größte Stadt der Finnmark, nach Alta. Vielleicht gar nicht schlecht dass wir hier Schluss gemacht haben, sonst wären uns die Burschen noch bis ans Nordkap durchgezogen… Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass Kautokeino, das zu 85 Prozent von Sami bewohnt wird, seinem Ruf als „Gelsenhauptstadt“ Norwegens alle Ehre machte – Keine Sekunde vergeht in der Region, ohne dass man von einem der Milliarden kleiner, lästiger Blutsauger traktiert wird. Autan-Spray sollte man hier besser im Tankwagen mitführen…
Die Finnmark, deren tiefe, weite Schluchten und raue Naturbilder einst von den sich nach der großen Eiszeit zurückziehenden Gletschern mit Urgewalt geformt wurden, ist einerseits ein herrlicher Flecken Erde, aber andererseits kann man sich nur wundern wie ein Landstrich dermaßen unterbevölkert sein kann. Die raue Natur äußerte sich für uns auch darin, dass wir gerade einmal ca. 50 Meter über uns die ersten Schneefelder unserer Tour erkennen konnten… Ich weiß schon, das mit der Einsamkeit haben wir auch in Schweden so gut wie jeden Tag geschrieben, aber das heute war schlicht die Krönung. Nicht einmal die vereinzelten Gruppen von Rentieren, die auf der Straße sogar seelenruhig vor dem Auto hertrotteten und sich nur mit Mühe durch lautes Hupen von Günther vertreiben ließen, können da am Eindruck der Abgeschiedenheit entscheidend was verändern… Mal schauen ob sich an den letzten etwa 230 km zum Nordkap da noch was tut!
Was hat der Polarexpress alles dabei?
Jetzt, da sich unsere Reise schön langsam ihrem Ende zuneigt und sich das Gewirr im Begleitfahrzeug etwas zu lichten beginnt dachten wir uns es wäre der richtige Zeitpunkt, um einmal anzuschneiden, was wir alles an Material mit uns herumschleppen. Für ein solches, großes Projekt wie mit sechs bis sieben Personen von Venedig ans Nordkap zu radeln (mit Rennrädern, da wird einiges mehr an Vorbereitungen nötig…) ist erstens gute Planung unerlässlich, aber zweitens muss sehr viel Material mitgeführt werden.
Unser speziell bearbeiteter Begleitwagen vom Typ Fiat Ducato etwa verfügt über zwei Zusatzbatterien, um etwa die drei großen Kühlschränke an Bord zu betreiben und hat auch ein eingebautes Voltmeter, um den Überblick über die Werte nicht zu verlieren. Dazu kommen Umbauten wie drehbare Vordersitze, ein herausnehmbarer und außen anbringbarer Tisch oder eine angebaute Markise zum Auskurbeln. Dazu kommen doppelt vorhandene Zigarettenanzünder (nein, wir sind nicht zu Kettenrauchern mutiert…) um Handys oder unser Navigationsgerät vom Typ TomTom gleichzeitig laden zu können.
Wir führen in unserem ebenfalls vorhandenen Anhänger und im Fahrzeug selbst noch massenweise Material mit, ohne das wir die Sache so wohl nicht machen könnten. Da sind unter anderem eine Garnitur Bierbänke, eine mobile Dusche, große Wasserkanister, Radreparaturutensilien, Faltstühle, Feldbetten, zahlreiche Decken, Schlafsäcke, Luftmatratzen, Geschirr, Gasgriller – und Herd, Besteck und Teller, im Grunde genommen ein kleiner mobiler Haushalt vertreten.
Dazu kommen die vor dem Start etwa 500 kg ausmachenden Lebensmittel, die sowohl Bus als auch Hänger ordentlich in die Knie gehen ließen, dazu die Nahrungsergänzungsmittel für die Radler oder unser Kartenmaterial (wir fahren nicht blind dem Navi nach… ;) ), welches zusammen mit unsern Reiseführern in der Literaturbox gebunkert wird. Box ist ein gutes Stichwort, in selbigen wird alles wenn möglich aufbewahrt, gut beschriftet und schlichtbar selbstverständlich. Stets erreichbar muss der Medizinkoffer, gepackt von Dr. Hans Petritsch, aufbewahrt sein – in einem Fahrzeug in dem praktisch den gesamten Tag über herumgeräumt wird kein leichtes Unterfangen.
Toilettartikel wie Duschgels oder Waschmittel sind ebenfalls in einer Extrabox dabei.
Eine gesamte „Survival-Ausrüstung“ mit Angel, Feldstecher, Spaten und Moskitoschutznetzen ist ebenfalls in unserer Materialsammlung enthalten, wir konnten ja nie wissen wann wir denn in der freien Natur würden übernachten müssen.
Save the best for last, natürlich muss Material für die Rennräder dabei sein, von Schlauch über Reparaturset bis hin zu Ersatzlaufrädern ist alles dabei, aber auch zwei Tourenräder sind als Zusatz außen am Bus angebracht.
Alles in allem eine Zuladung von bis zu 1,5 Tonnen (Inkl. Personen) musste unser braves Ross zu Beginn ziehen – Grundsätzlich allerdings fällt auf, dass man viel einpacken muss um zu sehen wie wenig man braucht. Mag banal klingen, nur in unserem Fall absolut wahr.
Nicht zuletzt auch ein voll ausgerüsteter Laptop mit mobilem Internet gehört zum Inventar – nur selbigen werde ich jetzt zuklappen und mich in der wirklich nur auf dem Papier so zu nennenden Nacht zur Ruhe begeben. Die Sonne scheint, das ganze wird wohl eher den Charakter eines Mittagschlaferls haben aber was soll’s.
Liebe Leute, wir haben es praktisch fast geschafft – Bereits am Freitag morgen werden wir in Hammerfest in einer großen Zeremonie dem Königlich-Norwegischen Eisbärenklub beitreten. Wir wissen nicht was uns dort erwartet aber wir sind heiß drauf! Bleibt dran!
Gute Nacht,
Euer Team Nordkap 2011
Datum | Gefahrene Strecke | Nettozeit | Durchschnittsgeschwindigkeit | Aufgestiegene Höhenmeter | Verbrauchte Kalorien |
26.7.2011 | 232 km | 09:21 h | 26,33 km/h | 1336 m | 6300 kcal |
P.S.: Wir wollen euch künftig nun auch die Gesamttabelle immer mitgeben bis wir ankommen, damit ihr euch ein besseres Bild machen könnt.
| Gefahrene Strecke in km | Fahrtzeit in h | Durchschnitts-geschwindigkeit in km/h | Aufgestiegene Höhenmeter | Kalorienverbrauch pro Fahrer |
Gesamt | 4276,2 | 169,84 | - | 23178 | 114245 kcal |
Schnitt pro Tag | 185,92 | 7,38 | 25,25 | 1007,74 | 4967,17 kcal |
Petrijünger unter sich - Der finnische Fischer und sein großer Lachs haben Sebastians Aufmerksamkeit geweckt! |
Auch wenn es hier bei Wolfgang Stieböck so aussieht, nein, wir sind nicht unter die Imker gegangen... Wer weiß wann wir diese Netze noch brauchen werden... |
alles gute für den endspurt ihr tapferen ritter!
AntwortenLöschenziehe den hut vor soviel ausdauer und mut!
heimatliche grüße dem gesamten team
gg
Wir wünschen Euch noch viel Erfolg auf Euren letzten Kilometern zum Nordkap und ein schönes Wetter.
AntwortenLöschenLG von den Mürztalern - wir hatten uns am Campingplatz in Gällivare getroffen.
Wir ziehen den Hut und heben die Haare vor Eurer tollen Leistung!! Die letzten Kilometer solltet Ihr mit dem Triumphmarsch herunterradeln.
AntwortenLöschenHerzliche Gratulation für die gelungene sportliche Leistung.
Liebe Grüsse an Alle
Christel Anna Gerhard und Tobias
det er bare noen få kilometer: alt godt og en stor grad av beundring sender
AntwortenLöschenmyki
(es sind nur noch ein paar kilometer: alles gute und ein großes maß an bewunderung schickt
m.)
Liebe Sportler, liebes Begleitteam!
AntwortenLöschenVorerst muss ich euch sagen, dass ich eure sportlichen und organisatorischen sowie schreibtechnischen Leistungen sehr bewundere und schätze.Ich wünsche allen von Herzen alles Gute für die letzten Kilometer und eine gesunde Heimkehr.
Dennoch möchte ich auch Kritik üben und hoffe, ihr seid deswegen nicht ungehalten:
Ihr seid durch ein Land und dessen Nachbarland gefahren, in dem es eine unbeschreibliche Katastrophe gab, man kann es mit Worten gar nicht ausreichend beschreiben und ihr erwähnt dieses für viele unfassbare Leid mit keiner Silbe.Ich hätte mir gewünscht, dass ihr es einmal erwähnt - ich weiß, es ist keinem von euch gleichgültig, aber es hätte so gut getan von euch zu hören, dass auch ihr beispielsweise eine Gedenkminute eingelegt habt. Es ist schon klar, es hilft dern Opfern nicht mehr, aber uns zeigt es, dass ihr Empathie zeigt.
Mit herzlichen Grüßen Jutta E.
liebes team!
AntwortenLöschenich kann kaum glauben wie weit ihr schon seid - wirklich eine unglaubliche leistung!!!!!!!
ich weiß ihr habt euch medienabstinenz auferlegt, das ist bei eurem vorhaben auch sicher durchaus sinnvoll und förderlich um sich ganz und gar auf diese fordernde unternehmung einlassen zu können. allerdings ist da etwas furchtbares passiert dem man sich irgendwie nicht entziehen kann und auf das man unweigerlich stößt, besonders wenn man sich in jenem land aufhält in dem sich diese schrecklichen ereignisse zugetragen haben.
auch ich hätte es schön empfunden wenn ihr ein kleines zeichen gesetzt hättet. ich bin mir sicher das ganze euch sehr berührt und ihr versucht einen umgang damit zu finden.es hätte ja niemand ahnen können das so etwas furchtbares in eurem reisegebiet geschieht. das geschehene im blog ganz auszuklammern ist aber auch nicht er richtige weg finde ich.
ich empfinde es halt einfach etwas eigenartig euren fröhlichen reisebericht über norwegen zu lesen und dabei gleichzeitig zu wissen dass dieses land eigentlich in tränen versinkt...
bitte nehmt mir meine worte nicht übel. ich wünsche euch weiterhin alles liebe und gute für die letzten etappen eurer reise. das ziel ist ja schon zum greifen nah!
vlg
jakob's schwesterlein
Liebe Leser!
AntwortenLöschenJeder einzelne von uns ist entsetzt über die Tragödie in Norwegen, und wir alle wissen, dass für dieses Land einer der schwärzesten Tage seiner Geschichte seine Schatten wirft. Wir trauern mit dem norwegischen Volk und veurteilen diesen feigen und abstoßenden Terrorakt aufs schärfste.
Wir als Team haben entschieden, diesen Blog davon unberührt zu lassen, und dies nicht aus egoistischer Perspektive, weil wir vielleicht unbedingt auf Medien verzichten wollen oder noch schlimmer, uns nicht um die Vorkommnisse scheren. Vielmehr ist es für uns eine Frage der Pietät und des Respekts vor den Opfern, in diesen in seinem Grundcharakter frohen und motivierenden Blog eine Kondolenzmeldung zu schreiben, nur um dann zwei Zeilen später wieder unsere Erfolge zu feiern. Wir sind jeder für sich selbst betroffen doch wollen wir hier an dieser Stelle keine Respektlosigkeit begehen.
Wir hoffen dass dies eine einleuchtende Darstellung ist und würden uns auch weiterhin über Kommentare und Klicks freuen!
mit freundlichem Gruß,
Das Team Nordkap 2011